Der Feldtag in Trenthorst / Wulmenau war auch für eine Hausgärtnerin hochinteressant!

[Artikel von Andrea Heymer] Das Thünen-Institut für Ökologischen Landbau präsentierte am 4. Juli 2013 seine aktuellen Anbauversuche.
Wann bin ich eigentlich das letzte Mal auf einem Treckeranhänger mitgefahren? Es muss Mitte der Achziger Jahre gewesen sein, also Ewigkeiten her. Und heute ging es nun wieder los, zwei Trecker mit je einem Anhänger voller Strohballen und je 30 Mitfahrern. Darunter waren viele Ökolandwirte, Saatguterzeuger, aber auch Wissenschaftler, der wissenschafliche Nachwuchs und einige eher unwissende Interessierte wie ich selbst. Selbst das Wetter war uns wohlgesonnen - es blieb nach etlichen Regentagen endlich mal wieder trocken.

Stellt sich die Frage, was will eine Hausgärtnerin, die nur für den Eigenbedarf anbaut, auf so einem Feldtag? Ich erhalte seit 2009 für den VEN die Münchner Banater Wintererbse, und die zeigte im Anbau ein mir bislang unbekanntes Erbsenverhalten. Sie hatte nur einen sehr kurzen Erntezeitraum, und das völlig unabhängig von den im Juni/Juli herrschenden Wetterbedingungen. Auf einem Saatgutseminar wurde die Eigenschaft diskutiert, und ich kam mit der Erkenntnis nach Hause, dass es sich bei meiner Erbse dann wohl um eine alte Futtersorte aus dem Gemengeanbau handeln müsste. Früher war es nicht nur üblich, mehr Sorten nebeneinander anzubauen, es wurden zudem auch verschiedene sich gegenseitig unterstützende Arten zusammen angebaut. Da per Hand geerntet wurde, gab es die aus verschiedenen Korngrößen und deren natürlichen Verpackungen resultierenden Probleme, wie sie bei Maschinenernte auftreten, einfach nicht. Die heute üblichen möglichst großen Monokulturen dienen einer möglichst effektiven Ausnutzung teurer Hightechprodukte, die in den USA zu zweifelhafter Perfektion getrieben wird. So bestimmt die von der Industrie zur Verfügung gestellte Technik, was wie angebaut wird und letztlich, was wir zu essen bekommen. Der Ökolandbau dagegen stellt die Pflanze mit ihren Bedürfnissen in den Mittelpunkt und fragt in zweiter Linie nach der passenden Technik dazu. So kehrt das Gemenge allmählich wieder zurück.  

Der Gemengeanbau unterscheidet sich deutlich von der im Hausgarten bekannten Mischkultur. Zwar werden bei der Mischkultur auch verschiedene sich gegenseitig fördernde Pflanzen zusammen angebaut, aber beim Gemenge werden sie zudem zusammen (im Gemenge) ausgesät und auch zusammen abgeerntet. Beide Anbauformen kommen den Pflanzenbedürfnissen als solche deutlich näher als jede Monokultur, auch wenn sie den Ansprüchen zum Beispiel der Permakultur (Stichwort Waldgarten)  natürlich nicht genügen können.

In Trenthorst konnten nun verschiedene Wintererbsensorten mit verschiedenen Triticalepartnern und in verschiedenen Anteilen zueinander besichtigt werden. Vor mir breiteten sich große Felder aus, auf denen Parzellenweise nebeneinander inmitten des normalen (Bio-)Getreideanbaus und damit unter realistischen Anbaubedingunen und keinesfalls in einer Versuchsatmosphäre alle Varianten zu besichtigen waren. Eine Parzelle dort war so groß wie mein ganzer Gemüsegarten insgesamt, dabei habe ich doch schon stolze 150 qm. Hier konnte ich im direkten Vergleich sehen, wie sich eine Wintererbsensorte in Reinanbau macht, daneben in der Variante 40 zu 150 (Körner Erbsen zu Triticale), in der Variante 60 zu 150, etc. Dazu gab es die Ernteergebnisse (Erträge) aus den letzten Jahren jeweils hochgerechnet auf einen ha, dokumentiert auf großen Übersichtstafeln inmitten der Felder, den passenden Fachvortrag dazu und die Möglichkeit, viele Fragen zu stellen. Hätte ich das alles selbst in meinem Gemüsegarten austesten wollen, ich hätte Jahrzehnte gebraucht, und dabei hätte ich auch nie gewusst, ob es jetzt das Wetter war, oder die Mischung, oder oder oder, was zu den besonders guten oder besonders schlechten Ergebnissen geführt hat.  

Allein die optimale Quotierung der beiden Partner Erbse und Getreide heraus zu bekommen, ist eine Wissenschaft für sich. Einerseits möchte man einen möglichst hohen Anteil an Erbsenkörnern haben, andererseits muss das Getreide die Erbsenpflanzen auch noch tragen können. Mir persönlich erschien eine angestrebte 50:50-Mischung unmöglich, aber es scheint Erbsensorten zu geben, die sich auch dafür eignen. Auch das war eine für mich neue Erkenntnis- das optimale Mischungsverhältnis ist für jede Sorte anders.

Während bei mir im Hausgarten (Sandboden!) sowohl Kartoffeln als auch Erbsen das doch sehr feuchte Wetter der letzten Wochen sichtlich genossen haben und so gut dastehen, wie selten ein Jahr, gab es in Trenthorst echte Probleme. Ein Sommererbsenfeld war kaum als solches erkennbar- die vielen Niederschläge der letzten Wochen hatten zu dauernder Staunässe und damit wohl zum Verfaulen der Wurzeln (und /oder zur verstärkten Fusarienbildung) geführt. Für einen (Öko)landwirt ist ein solcher Totalausfall finanziell nicht mal eben so weg zu stecken. Bei den Wintererbsen war dieses Jahr eine Sorte wunderbar, die in den Jahren davor sehr enttäuschte. Diese Versuchsergebnisse haben mir sehr deutlich gemacht, dass wir bei den zu erwartenden klimatischen Veränderungen echte Probleme bekommen werden, wenn wir weiterhin auf sehr wenige hoch gezüchtete Sorten in Monokulturen setzen. Meiner Meinung nach können wir dem nur mit dem Anbau von Sortenmischungen im Gemenge begegnen- so wie es die Indios in den Anden mit Mais und Kartoffeln seit Jahrhunderten erfolgreich praktiziert haben. Sind die Wetterbedingungen in einem Jahr für die eine Sorte A ungünstig und sie fällt aus, haben wir dann noch Sorte B, die leidlich trägt und eine Sorte C in unserer Mischung, die gut mit diesen Bedingungen klar kommt. Je größer unsere Vielfalt an Sorten in der Mischung ist, desto sicherer haben wir einen gewissen ausreichenden Grundertrag und eben nicht das Risiko eines Totalausfalls.

Bei gemeinsamem Anbau von Wicke und Hafer stellte sich das 50:50-Verhältnis tatsächlich als optimal heraus, das war auch an den verschiedenen Parzellen (Reinanbau neben 30 zu 70 neben 50:50 neben 70 zu 30) sehr gut im Vergleich zu sehen. Problem ist allerdings der hohe Blausäuregehalt der Wicke. Senkt man dagegen die Anteile der Wicken, so hat man sofort schlechtere Erträge. Hier wird die Züchtung wohl an niedrigeren Werten arbeiten müssen.  

Zum ersten Mal habe ich in Trenhorst blaue und weiße Lupine und Ackerbohne auf dem Feld gesehen- was für ein Bild! Kann ich Vergleiche zwischen Sorten bei mir im Garten aus Platzgründen nur von Jahr zu Jahr anstellen, so hatte ich dort viele Sorten nebeneinander und konnte im wahrsten Sinne des Wortes erfahren, was eine endständige Sorte von einer verzweigten unterscheidet und wie eine Mischform aussieht. Erklärung und Pflanzen vor mir machten klar, warum die einen leichter zu beernten, die anderen aber ggf. ertragreicher sind. Von der weißen Lupine als Nahrungsmittel und von ihren Vorteilen hatte ich schon gehört, hier konnte ich sie in Natura sehen. Problem bei der weißen Lupine ist die späte Reife. Bei ungünstiger Witterung kann sie nicht mehr an der Pflanze trocknen und macht eine aufwändige Nachtrocknung nötig. Die Abhängigkeit des Erntezeitpunktes von den Wetterbedingungen lässt auch den Anbau mit Hafer im Gemenge scheitern, der Hafer fällt im allgemeinen aus, bevor die Lupine reif ist. Hier ist die Züchtung möglichst früh abreifender Sorten notwendig. Trost- die weiße Lupine mag angeblich die windoffenen Lagen hier bei uns im Norden sehr gern. Neu für mich war, dass sich auch die blaue Lupinensorte Borigine für die menschliche Ernährung eignet. Ansonsten wird die blaue Lupine hauptsächlich für Futterzwecke angebaut, da sie eine gute eiweißreiche Futterpflanze für Schweine und Geflügel ist. Ich glaube, die weiße Lupine wird bei mir demnächst auch zu finden sein.   

Fazit: Ich habe mehr gesehen und gehört, als mein Kopf überhaupt fassen konnte. Informationen aus erster Hand mit den Sorten in den vielen Varianten vor Augen hinterlassen bleibenden Eindruck, das kann durch kein Internet und kein Fachbuch ersetzt werden. Theoretisches wurde plötzlich praktisch erfahrbar und prägt sich so ein. Vielen Dank an das Thünen-Institut für Ökologischen Landbau für einen ungemein informativen Nachmittag.