Gedanken zur Münchner Banater Wintererbse nach drei Jahren Patenschaft

Wintergemüse haben hier im Norden für Gärtner einen besonderen Charme, denn der Herbst ist länger und wärmer als im restlichen Deutschland, das Frühjahr dafür deutlich zögerlicher und später. Die gute Überwinterungsfähigkeit der Münchner Banater Wintererbse hat mich überzeugt, der in jedem Jahr doch extrem kurze Erntezeitraum dagegen war sehr auffällig und für mich als Endverbraucher mit hauptsächlichem Wochenendkochen eher ärgerlich. In den Vorjahren hatte ich die Erfahrung mit anderen Zuckerschotensorten gemacht, dass sich in eher nassen und kühlen Sommern die Ernte mit kleineren Mengen schon mal kontinuierlich von Juni bis September ziehen konnte. Auf diese Wintererbsensorte jedoch schien das Wetter kaum Einfluss zu haben. Die recht strengen Winter nahm sie genauso gelassen und robust hin, wie auch die regelmäßig sehr trockenen Phasen im Frühjahr oder den Dauerregen im letzten Sommer. Die zwei Wochen Kahlfrost Anfang Februar 2012 nach vorher eher milder Witterung haben zwar Schäden hinterlassen, das aber nur im südlichen Bereich, wo kaum Unkrautbewuchs drum herum war. Ansonsten ist eine direkte Abhängigkeit von der Witterung, wie ich sie von anderen Erbsen kenne, kaum gegeben. Die Patensorte zeigte sich also insgesamt robust, aber kaum als Frischerbse in der Küche zu verwerten. Besonders später geerntete Hülsen waren deutlich fädig und fielen damit beim Ehemann genusstechnisch durch.

Irritationen lassen sich am besten in einer Gruppe Gleichgesinnter diskutieren, und Gerald Krebs vom Biosaatgut Rienäcker und Dozent in unserer Saatgutseminarrunde vermutete hinter der Münchner Banater Wintererbse eine alte Gemengesorte, die früher wohl mit Getreide zusammen als Viehfutter angebaut wurde. Dieser Gedankenanstoß führte bei mir zu intensiver Recherche in Sachen Gemengeanbau und, da ich hier eine Alternative zu Soja für Biolandwirte sehe, zu Recherchen in Sachen Eiweißfütterung und Soja in der Futtermittelindustrie.

Für eine Fütterung in der produktiven Tierhaltung (Mast, Produktion von Milch oder Eiern) ist leicht verdauliches Eiweiß ein lebensnotwendiger Nährstoff und damit neben Trockenmasse und Stärkeeinheiten auch Basis für alle Rationsberechnungen. Während Wiederkäuer lebensnotwendige Eiweißbausteine (Aminosäuren) aus pflanzlichen Eiweißen wie Grünfutter und deren Silagen oder Knollen- und Wurzelfrüchten auch selbst mittels Bakterien aufbauen können, fehlt Schweinen und Geflügel diese Fähigkeit völlig. Für Körperaufbau und Milch- bzw. Legeleistung werden entsprechend Pflanzen gefüttert, die Anteile an verdaulichem Eiweiß enthalten. Dazu gehören zum Beispiel Klee- und Luzerneheu, Getreide, Extraktionsschrote aus der Ölgewinnung und insbesondere Hülsenfrüchte als Haupteiweißlieferanten.

Im Zuge der Industrialisierung der Fleischherstellung wurden vermehrt Fischmehle und andere tierische Eiweißprodukte aus Fleischabfällen in Ergänzungsfuttermittel umgewandelt, in der Schweine und Geflügelfütterung in Deutschland lag die Menge bei 450 000 Tonnen im Jahr! Mag das für Schweinemast noch einleuchtend sein, aber für reine Pflanzenfresser fand ich das schon immer widernatürlich. Das Auftreten von BSE bei Rindern und Scrapie bei Schafen und Ziegen führte dann zu einer vermehrten Nachfrage nach Soja. Die europäische Futtermittelindustrie muss 1/3 der benötigten Rohstoffe importieren. Allerdings ist das meiste (> 70 %) auf dem Weltmarkt angebotene Soja gentechnisch verändert. Transporte in gleichen Containern, Lagerung in gleichen Hallen oder auch die gemeinsame Verarbeitung in einer Ölmühle kontaminieren sofort bis dato gentechnikfreies Soja. Hersteller von Bio-Futtermitteln müssen also einen immensen Aufwand treiben, um eine Verunreinigung mit GVO zu vermeiden, und dabei verzichten sie schon auf alle Importe aus Übersee.

Argentinien baut inzwischen großflächig die Sojasorte Roundup Ready von Monsanto an (genauso wie Brasilien und die USA), 80% davon gehen in die Nutzviehindustrie. Das GenSoja RoundupReady ist gegen Glyphosat resistent. Dies hat drastische Folgen für die Umwelt: Mehrere Pflanzenarten haben inzwischen eine Verträglichkeit gegen Glyphosat entwickelt, so dass inzwischen immer mehr und immer stärkere Herbizide verwendet werden müssen, ein Teufelskreis. Immer mehr Wälder werden für den Anbau von GenSoja abgeholzt. Schädlingsbefall und Pflanzenkrankheiten haben drastisch zugenommen. Ein für Menschen und Tiere giftiger Pilz (Fusarium) hat sich an den in der Umgebung angebauten Weizenpflanzen ausgebreitet. Auch der (Soja-)Rostpilz breitet sich immer weiter aus. Flächen, auf denen früher die Nahrungsmittel der Menschen dort angebaut wurden, werden heute zur industriellen Sojaproduktion genutzt. Hunger und Armut sind in diesen Regionen drastisch gestiegen. Hinzu kommen die völlig unkalkulierbaren Risiken, die von genmanipulierten Pflanzen generell ausgehen, Hinweise auf überraschende und unerwünschte Effekte werden mit kriminellen Methoden unter dem Deckel gehalten.

Aber was für ein Geschäft für Monsanto & Co: So verkaufen sie sicher jedes Jahr viel Saatgut, mehr RoundUp und stärkere Herbizide. Greenpeace fordert den Einsatz von gentechnikfreiem Soja und regt zumindest für Europa die Umstellung auf Raps an. Hier müsste aber ebenfalls auf Importe verzichtet werden, denn zum Beispiel Kanada beliefert den Weltmarkt mit gentechnisch verändertem Raps(schrot).

Welche Alternativen haben Biobauern, aber natürlich auch konventionelle Landwirte, die diesen Irrsinn nicht mittragen wollen? Manchmal kann es für eine Lösungsfindung hilfreich sein, sich mit früheren Methoden auseinander zu setzen. Untersuchungen mehrerer Wissenschaftler in den letzten Jahren haben ergeben, dass

  • es im unteren und mittleren Leistungsbereich beim Milchvieh (bis 30 kg Milch) durchaus möglich ist, durch eine Veränderung der Futterzusammenstellung (mehr Leguminosen im Grundfutter, Erhöhung der Heufütterung, Kraftfuttermischung mit selbst angebauten Leguminosen) auf Sojaschrot gänzlich zu verzichten.
  • in der Bullenmast die Fütterung von Ackerbohnen, Erbsen und Süßlupinen in Verbindung mit Rapsschrot als zumindest teilweisen Ersatz von Sojaschrot dienen kann (auf 1/4 der früheren Menge reduziert).
  • in der Schweinehaltung die Süßlupine (blaue) gut geeignet ist zur Ergänzung der Eiweißversorgung.

Leider werden Legiminosen heute europaweit nur noch auf 3 % der Anbauflächen angebaut, in Deutschland sind es etwa 1 %. Das liegt am relativen unsicheren und damit schwierigen Anbau, der großen Ertragsschwankungen unterworfen, die Erntebedingungen sind schwierig und es fehlt inzwischen auch an Wissen hierzu. Insbesondere der Gemengeanbau ist in Vergessenheit geraten. Dabei liegen die Vorteile klar auf der Hand:

  • Leguminosen üben eine Düngewirkung auf den Boden aus.
  • Sie haben eine positive CO2-Bilanz (insbesondere im Vergleich zu importiertem Soja, aber das ist auch keine Kunst).
  • Das Futter wird dort erzeugt, wo es gebraucht wird. Lange Transportwege entfallen.
  • Eine sinnvolle Kopplung von GVeinheiten zu Flächengröße wird dadurch unterstützt.

Der Gemengeanbau von Wintererbse mit Getreide wurde bislang getestet mit:

  • Hafer
  • Hafer und Gerste
  • Gerste
  • Triticale
  • Roggen
  • Winterweizen

Damit liegen wieder erste praktische Erfahrungen vor. Positiv im Anbau mit Wintergetreide ist die Reduktion der Auswinterung und somit eine Verminderung des Anbaurisikos. Das Getreide bietet den Erbsen in der Wuchsphase im Frühjahr Halt und Stütze, im Winter gibt es Witterungsschutz. Dagegen beschattet die Erbse den Boden, sorgt so für weniger Austrocknung und reduziert zudem den Beikräuterwuchs. Gleichzeitig lockert sie ihn auf, sammelt Stickstoff und stellt ihn dem Getreidepartner und der folgenden Frucht zur Verfügung [Gründüngungseffekt]. Mit in unserer Gegend zunehmen zu beobachtender Frühjahrstrockenheit hat die Wintererbse gegenüber einer Sommererbse einen erheblichen Vorteil, denn sie ist bereits tief eingewurzelt und bedeckt den Boden sehr früh. Außerdem bindet sie bereits im Winter den Stickstoff im Boden und wirkt damit einer Auswaschung der Nährstoffe entgegen.

Für Wintererbse wird nach ersten Versuchen als Gemengepartner Triticale oder Winterroggen empfohlen. Gemenge werden zusammen ausgesät, zusammen abgeerntet und zusammen verfüttert oder verkauft. In Versuchen der Uni Göttingen und der Uni Dresden wurde festgestellt, dass eine Aussaat nur mit ca. 20 - 40 Körnern/m² Erbsen [entspricht 25 - 50 % der Reinsaatmenge] und mit ca. 150 - 200 Körnern/m² das Getreide [ebenfalls 50 % der Reinsaatmenge] beste Ergebnisse bringt. Hierdurch würden "bei guter Entwicklung der Erbsen ein Überwachsen des Getreidebestandes und in der Folge evtl. Lagerbestände" verhindert. Ein höherer Anteil als 30 % bei Erbsen führt nach ihren Erfahrungen zum Erdrücken des Getreides. Auch ich habe die enorme Wuchsfreudigkeit der Wintererbse jedes Jahr beobachten können, sie überwuchert alles in ihrer Umgebung. Problematisch ist aus meiner Sicht auf großen Flächen die Maschinensaat. Das Tausendkorngewicht der beiden Saatpartner ist einfach zu unterschiedlich.

Zur Ernte wurde festgestellt:
Das Trennen der Gemengepartner Weizen und Leguminosen ist im Prinzip nicht schwierig, doch Bruchstücke der Leguminosen im gereinigten Getreide verhindern die Verwertung als Speiseware. Die Winterformen der Erbse und der Ackerbohne sind keine bitterstofffreien Leguminosen, was später in der Fütterung bei der Mengenbemessung berücksichtigt werden muss. Auch die aus Peluschkenarten gezüchteten Wintererbsen sind gegenüber den Sommererbsen aufgrund von Bitterstoffgehalten entsprechend anders zu bewerten.
Das Ausdrillen an sich stellt aber in der Praxis wohl keine Probleme dar. Durchschnittlich sind nach Angaben eines Biobauern 40 - 45 dt/ha möglich, sofern nicht eine zu feuchte Witterung die Erbsen ungleichmäßig abreifen lässt. Hier kommt es auch darauf an, zu welchem Zeitpunkt der Vegetationsperiode das feuchte Wetter auftritt. Der Juni ist hierfür ein ganz ungünstiger Monat, Dauerregen führte auch bei mir zu einer leichten Streckung der Ausreifung [+ 1 Woche]. Allerdings schiebt die Münchner Banater Wintererbse ab Johanni keine Blüten mehr nach, trotz Dauerregens und Kühle scheint sie sich mit ihrer Entwicklung mehr nach der Tageslänge als nach der Witterung zu richten. Da sie mit den ersten Blüten auch später als frühe im Frühjahr gesäte Sorten beginnt, hat sie ein recht enges Reifefenster.

Im Bundesprogramm Ökologischer Landbau werden derzeit über 40 Sorten Wintererbsen hinsichtlich Winterhärte, Standfestigkeit und Ertrag getestet. Ob der Test sich auch auf einen möglichst engen Erntezeitraum bezieht und ob die Münchner Banater Wintererbse dabei ist, ist mir nicht bekannt. Sicher gehört sie zu den Blatttypen, bietet damit gute Bodenbedeckung, aber hat Probleme mit der Standfestigkeit, hat eine höhere Photosyntheseleistung und Stickstofffixierleistung, aber auch einen höheren Wasserbedarf und der Drusch ist sicher bei der Pflanzenmasse schwierig. Deshalb wird eine Mischung aus 30% Blatttyp Erbsen und 70% Blattyp Halbblattloser Typ empfohlen. Kontaktstelle für den Anbau von Wintererbsen in Deutschland ist Werner Vogt-Kaute in Wartmannsroth, und ich habe ihn per Mail angeschrieben. Hier in Norddeutschland hat das Institut für Ökologischen Landbau in Trenthorst Versuche zum Wintererbsenanbau durchgeführt, auch mit dem Institut habe ich Kontakt aufgenommen.

Meiner Einschätzung nach ist der Anbau von Wintererbse und Wintergetreide im Gemenge eine sinnvolle Alternative für den Futttermittelanbau. Der Erfolg hängt aber sicher an der Winterfestigkeit der Erbsensorte, der Standfestigkeit des Getreides, der optimal aufeinander abgestimmten Entwicklungsstadien von Erbsensorte und Getreidesorte (Erntezeitpunkt) und einem optimierten Mischungsverhältnis Erbse zu Getreide ab. Dieses wird jeder Landwirt auf seinen Böden leisten müssen, Anbauversuche können hier nur Anhaltspunkte geben. Für Norddeutschland ist die Münchner Banater Wintererbse  sicher ausreichend winterhart und zudem kaum vom Erbsenwickler befallen. Ich würde mich jedenfalls freuen, hier einen Landwirt für versuchsweisen Gemengeanbau gewinnen zu können.

Andrea Heymer

Quellen:

  • Gemengeanbau von Getreide mit Wintererbse und Winterackerbohnen, Fachartikel ökologischer Landbau, Ökoring
  • Bodenschutz durch Winterkörnerleguminosen [Andreas Patschka], bioforschung Austria
  • Vergleichender Anbau verschiedener Wintererbsenherkünfte in Rein- und Gemengesaat zur Integration in das Anbausystem Ökologischer Landbau [Urbatzka/Graß/Schüler], Universität Kassel
  • Vor- und Nachteile von Gemengen aus Körnerleguminosen und Getreide im Biolandbau [Hein/Waschl]
  • Wintererbsen im Gemenge [Gronte/Böhm], Institut für Ökologischen Landbau, Trenthorst