Gemüse des Jahres 2023/ 2024: Rote Beete

Flyer Rote Bete, pdfAllgemeines

Schon seit Jahrhunderten wird die Rote Bete in europäischen Gärten angebaut. Obwohl schon die Römer um ihre medizinischen und kulinarischen Vorzüge wussten, sind ihre Qualitäten nur wenig bekannt. Am häufigsten begegnet sie uns in Form von Sauerkonserven. Doch die Rote Rübe kann viel mehr. Seit einigen Jahren erlebt sie kulinarisch eine Renaissance und ist auch in der gehobenen Gastronomie salonfähig. Sie ist ein einfach zu kultivierendes Wintervorratsgemüse, dessen Anbaufläche sich in den letzten 30 Jahren auf ca. 2300 ha in Deutschland vergrößert hat.

 

Herkunft und Geschichtliches

Mangels guter historischer Quellen ist es nicht einfach, die Kulturgeschichte der Roten Bete nachzuvollziehen. Als ihre Wildform gilt Beta vulgaris L. subsp. maritima, (L.) Arcang, die Meerrübe oder der Seemangold. Man kann sie bis heute an den Küsten Westeuropas und des Mittelmeeres bis nach Westasien finden. Bereits in der Jungsteinzeit wurden Blätter, Samen und Wurzeln der Pflanze gesammelt und verzehrt. Etwa 8000 v.d.Z. wurde die Art in Mesopotamien schon für Nahrungszwecke genutzt. Entlang der Schifffahrtsrouten breitete sie sich unter Entwicklung zahlreicher domestizierter Formen im Mittelmeerraum aus.

Wahrscheinlich durch die Römer kam die Rote Rübe nach Mitteleuropa. In Deutschland erreichte sie im Mittelalter hohe Bedeutung, die sie bis in unsere Zeit behalten hat. In der Neuzeit entwickelten sich zudem die vielen Sorten, die teils bis heute erhalten sind.

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Betterave_rouge_feuillage_ornemental_Vilmorin-Andrieux_1904Botanik

Die Einteilung der Roten Bete wurde sehr häufig geändert und erweitert auf Grund der Vielzahl der gezüchteten Sorten und der verschiedenen Systematiken. Rote Bete gehört zur Klasse der Eudicotyledonae, innerhalb der sie in die Ordnung Nelkenartige (Caryophyllales) eingegliedert ist. Darunter wird sie in die Familie der Fuchsschwanzgewächse (Amaranthaceae) oder von manchen Autoren in die nah verwandten Gänsefußgewächse (Chenopodiaceae) eingeordnet, wie Spinat, Quinoa, Gartenmelde, Guter Heinrich.

Alle Kulturformen von Beta vulgaris L. subsp. vulgaris stammen von der Meerrübe ab und können als unterschiedliche Unterarten gruppiert werden. So wird Mangold als Beta vulgaris L. ssp. vulgaris var. cicla (L.) Ulrich; Rote Bete als Beta vulgaris L. ssp. vulgaris var. conditiva Alef.; die Futterrübe als Beta vulgaris L. ssp. vulgaris var. alba DC. und die Zuckerrübe als Beta vulgaris L. ssp. vulgaris var. saccharifera Alef. eingeteilt.

Bei der Roten Bete werden sieben grundlegende Wurzelformen unterschieden: flachrund am Boden aufsitzend, kugelförmig, kegelförmig, walzenförmig, zylinderförmig, lang zylinderförmig, kugelig und spitz zulaufend.

Rote Rüben gibt es in vielen Farben von fast schwarz bis scharlachrot, rosa, orange, gelb nach weiß oder rotweiß geringelt. Die roten Farbstoffe sind Betalaine, die Gelben Betaxanthine.

Je weiter die Rübe in den Boden wächst, desto höher ist die Trockenmasse und der Zuckergehalt. Die dunkel- bis hellgrünen oder dunkelroten Blätter mit kräftigen Stielen wachsen in einer Basalrosette und haben in der Regel eine etwa dreieckige Form.

Beten sind zweijährig. Im ersten Jahr bildet sich die Rübe, die wir essen. Im zweiten Jahr entwickelt sich der verzweigte, bis zu 150 cm hohe Blütenstand. Er hat unregelmäßig in Büscheln am Stängel angeordnete grünliche oder rotgefärbte, unscheinbare Blüten. Wenn der Blütenstand wächst, wachsen diese Büschel zusammen und verfestigen sich zu Glomeruli oder Samenbällen.

Die Blüten sind zwittrig. Der Pollen wird vom Wind verbreitet. Die Samenkugeln fallen bei Reife nicht ab. Sie sind botanisch eine Frucht mit 2 – 5 Samen und damit polygerm. Seit 1930 werden Sorten mit monogermen (ein Same pro Frucht) Saatgut gezüchtet, um das Vereinzeln zu umgehen.

Viele neuere Rübenzüchtungen verfügen über eine Resistenz gegen Schossen, sodass Kälte bei der Aussaat ein geringeres Problem darstellt. Zunehmend werden Rote Bete Sorten als F1 Hybriden gezüchtet. Diese sind dann nicht samenfest und müssen jährlich neu erworben werden.

 

Betterave_rouge_globe_Vilmorin-Andrieux_1883Kultivierung

Die Rote Bete bevorzugt humose, tiefgründige, nicht frisch gedüngte Gartenerde. Kompostgaben und Mulchabdeckung im Herbst reichen meist aus. Aussäen kann man bereits im März, um im Juni die ersten zarten Rüben ernten zu können. Für den Wintervorrat wird Anfang bis Ende Mai ausgesät.

Man sät in Reihen mit 25-30 cm Abstand. Die Samen mit Erde bedecken und für gleichmäßige Feuchtigkeit sorgen. Jedes Knäuel enthält mehrere keimfähige Samen, sodass nach dem Auflaufen auf 10 cm Abstand in der Reihe vereinzelt wird.

Im Handel bekommt man auch monogermes Saatgut, sodass aus jedem Samen nur ein Sämling keimt.

Während des Wachstums auf gleichmäßige Wasserversorgung achten, damit sich zarte Rüben entwickeln. Je nach Sorte können die Beten, wenn sie zu groß werden oder zu wenig Wasser bekommen, holzig werden. Bei Bedarf kann man mit Beinwell- oder Brennnesseljauche nachdüngen.

Gute Nachbarn für die Mischkultur sind Bohnen, Gurken, Kohlrabi und Salat. Ungünstig sind Kartoffeln, Lauch, Spinat und Mangold.

Rote Rüben neigen dazu, Nitrat zu speichern. Um den Nitratgehalt zum Erntezeitpunkt zu senken, werden die Rüben morgens mit einer Grabgabel angehoben, so dass die Feinwurzeln abreißen. So kann die Rübe Nitrat abbauen, bis sie am Nachmittag oder am nächsten Tag vollständig ausgegraben wird.

Geerntet wird spätestens im Oktober/November vor den ersten Frösten. Für den Wintervorrat lassen sie sich gut in Sand legen und im kühlen Keller lagern. In Gegenden mit milden Wintern können sie auch auf dem Beet bleiben und nach und nach verbraucht werden. Dabei auf Wühl- und Feldmäuse achten, die die Rüben ebenfalls als Winterfutter schätzen.

 

betterave-rouge-naine-de-dell-544f30a3Verwendung

Medizin: Rote Bete ist reich an wertvollen Aminosäuren, Fettsäuren, Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen. Sie kann das Immunsystem stärken, wirkt antibakteriell und antiviral. Außerdem kann sie entzündungsfördernde Enzyme hemmen und gilt als Blutdruck und Cholesterin senkend. Die Rote Bete und besonders die Samen gelten als Aphrodisiakum. Rote Bete hat eine positive Wirkung auf Knochenstoffwechsel, Muskelwachstum und Gehirnfunktion, kann das Haar sowie Bindegewebe stärken und soll vor Alzheimer und den Fötus vor Entwicklungsstörungen schützen.

Ernährung: Konzentrate der Bete sind Bestandteile von Nahrungsergänzungsmitteln und Naturheilpräparaten. Sie wird in Tiernahrung, besonders für Nager, verwendet.

Reinigung: Der Saft ist in Reinigungsmitteln für Metallgefäße und in ökologischen Allzweckreinigern enthalten.

Färbemittel: Der Saft dient als Tinte und zum Färben von Stoffen wie Wolle, Leinen oder Baumwolle. Mit der Kennnummer E 162 dient das Betanin der Roten Bete zum Färben von Lebensmitteln wie Marmeladen, Süßspeisen, Erdbeereis, Waldfruchtjoghurt, Pasta, Gummibärchen, Cocktails und Ostereiern.

Energie: Zuckerrüben und Rote Bete werden für die Synthese von Bio Ethanol und Biogas verwendet.

Kosmetik: Besonders die Naturkosmetik verwendet Rote Bete zur Herstellung von Rouge, Lippenstift, Hautpflegeprodukten, Haarspülungen, Tönungen und Seife.

 

Nützliches

Gärtnerisches: Wegen der Abstammung von der Meerrübe liebt es die Rote Bete mit einem Teelöffel Meersalz pro qm gedüngt zu werden. Gegen Fadenwürmer hilft Mischkultur mit Tagetes. Die Schwarzfleckigkeit kann auf Bormangel im Boden hinweisen.

Aufbewahrung: Rohe Rote Bete wird eingefroren wässerig, schlaff und verliert ihr Aroma. In feuchtes Papier eingeschlagen bleibt sie 4 Wochen im Kühlschrank frisch.

Farbstoff: Bei der Verarbeitung am besten mit Handschuhen arbeiten oder die Hände mit Olivenöl einreiben und nachher mit Zitronensaft und heißem Wasser säubern. Farbspritzer auf der Kleidung sofort mit Wasser auswaschen oder mit Mineralwasser betupfen. Färbungen in Harn und Faeces nach Genuss der Roten Bete sind abhängig vom pH-Wert sowie der Anwesenheit von Eisen, Oxalsäure und Vitamin C.

Küchentipps: Erdiges Aroma (bedingt durch Gesomin) tritt stärker bei traditionellen Sorten auf; die Zubereitung mit Rotwein mildert diesen Geschmack.

Zum süß-sauer Einlegen werden nur unverletzte ganze Rüben mit Wurzel, um das Ausbluten zu vermeiden, gekocht. Die Kochzeit variiert zwischen 40 – 60 Min je nach Größe. Beim Abschrecken mit kaltem Wasser löst sich die Schale einfacher.  Für einen Eintopf wird die Bete geschält und kleingeschnitten gegart. Warmhalten fördert die Nitrit Bildung.

Roh und gekocht verfeinern mit Essig, Zitronen- und Orangensaft, Joghurt, saure Sahne und Nüssen.  Scharf, süß und sauer - alles ist mit der Roten Bete möglich. (Chili, Senf, frischer Ingwer, Meerrettich, Zwiebeln, Knoblauch, säuerlicher Apfel, Orangenschnitze, Kumquats oder Limettensaft).

Zum Färben: z.B. Reis in Rote Bete-Saft garen, gepellte Eier in Saft legen oder Saft dem Kartoffelpüree zufügen. Getrocknete und gemahlene Rote Bete ist ein Kakaoersatz, nicht nur in Notzeiten.

 

Samenbau

Zur Saatgutgewinnung werden die Rüben je nach Region Ende Mai bis Ende Juni ausgesät. Sie werden dann bis zum Herbst nicht zu groß und können besser ausgelesen und eingelagert werden. Wichtig ist, die Sämlinge ausreichend zu vereinzeln, um eine gute Rübenentwicklung zu gewährleisten. Untypische Pflanzen und Schosser im ersten Jahr aus dem Bestand entfernen.

Für die Vermehrung im Folgejahr mindestens 20 sortentypisch geformte Rüben auswählen und überwintern. Im März/April die Rüben bis zum Blattansatz wieder einpflanzen und gleichmäßig feucht halten. Bei eventuellen Nachtfrösten nach dem Auspflanzen werden die Beten mit Laub, Vlies oder Tüchern schützend abgedeckt.

Besonders wichtig ist der Abstand zu anderen Beta vulgaris wie Mangold, Zuckerrübe und Futterrübe, da sie sich verkreuzen. Als Windbestäuber ist ein Mindestabstand von 300 m besser noch 500 m einzuhalten. Die Samenstände erreichen je nach Sorte eine beachtliche Größe. Daher nicht zu dicht pflanzen und bei Bedarf stützen.

Ausgereifte Samen sind braun und trocken. Sie fallen nicht sofort aus, daher kann man die Reife aller Samen abwarten und gleichzeitig ernten. Dazu schneidet man die Samenträger ab, lässt an einem luftigen Ort nachtrocknen und drischt diese aus oder ribbelt sie einfach ab. Anschließend händisch oder mit Sieben reinigen.

Das gereinigte Saatgut nachtrocknen und in luftdichten Behältern kühl und dunkel aufbewahren.

Rote Rüben-Saatgut bleibt bei korrekter Lagerung ca. 4 Jahre keimfähig.

 

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